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Bivariate Signalanalyse

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Bei der bivariaten Signalanalyse geht es darum, Aussagen über die großflächige Zusammenarbeit von verschiedenen Verarbeitungszentren des Gehirns zu machen. Beispiele dafür sind, wie verschiedene Aspekte der visuellen Wahrnehmung, die in abgegrenzten Hirnarealen verarbeitet werden, schließlich zu einem kohärenten Gesamtbild synchronisiert werden; oder wie Top-Level-Prozesse wie Erwartung oder Konzentration bestimmte Aspekte von Low-Level-Prozessen des Sehens beeinflussen. EEG ist dafür geeignet, um Aktivitäten in entfernten Hirnregionen zu messen; wie macht man nun Sinn aus den Messungen, was Korrelation (und möglicherweise auch Kausalität) betrifft?
Im Folgenden werden einige nützliche Konzepte und Tools für diese Zwecke vorgestellt.

Kreuzkorrelation (cross-correlation)

Mit Kreuzkorrelation bezeichnet man die zeitliche Struktur (die Periodizität) in der Aktivität zwischen zwei Neuronen oder Hirnquellen. Im Gegensatz dazu ist die Autokorrelation die Periodizität der Aktivität einer einzelnen Quelle, dem ein typisches Leistungsspektrum (oder Autospektrum) entspricht, das man durch eine Fourier-Transformation aus dem Signal erhält (Welche Frequenz tritt mit welcher Amplitude auf?).

Die Kreuzkorrelation liefert analog über die Fourier-Transformation des Signals ein Kreuzspektrum (cross-spectrum). Das Kreuzspektrum besteht aus einem Vektor mit einer Länge, die gleich dem Produkt der Längen (Amplituden) der jeweiligen Frequenzanteile ist, und einem Winkel (Phase), der gleich der Differenz der jeweiligen Winkel (Phasen) ist.

Kohärenz

Die Kohärenz zweier Signale wird mit einem Wert zwischen 0 und 1 ausgedrückt, wobei 0 völlig unkorreliert und 1 komplett korreliert bedeutet. Kohärenz (coherence) bildet sich aus dem Quadrat der coherency (Unterschied nur im englischen Wort sichtbar!). Coherency ist ein Einheitsvektor in der komplexen Ebene, dessen Phase (Winkel) gleich dem Unterschied der jeweiligen Phasen (Winkel) aus der Spektralanalyse der beiden Signale ist. Kohärenz (coherence) ist daher die Stärke der coherency, auch squared coherence genannt. Kohärenz ist ein Maßstab für die Amplituden- und Phasenkovarianz.

Berechnet wird Kohärenz so:
Der Durchschnittsvektor der Kreuzspektren der einzelnen Versuche wird normalisiert (geteilt) durch die Quadratwurzel des Durchschnittsvektors ihrer Autospektren.

Imaginary coherency

Wie oben erwähnt, ist coherency ein Vektor in der komplexen Ebene, also eine komplexe Zahl. Es hat sich gezeigt, dass der Realteil dieser Zahl auch bei nichtkorrelierten Signalen immer größer 0 ist, der Imaginärteil jedoch nicht. Dieser ist also ein besserer Maßstab für Interaktionen im Gehirn.
Grund dafür ist, dass imaginary coherency unempfindlich für die Effekte von Übertragungseigenschaften von Medien ist.

Inter-trial coherence (ITC)

ITC ist die Kohärenz derselben Elektrode über Versuche hinweg. Sie ist ein Maßstab für die Konstanz der Phase des Signals dieser Elektrode.

Phasensynchronizität (phase synchrony)

Phasensynchronizität ist ein Maßstab für die Konstanz in der Differenz der Phasen zwischen Elektroden über Versuche hinweg. Solange die Differenz der Phasen zweier Signale also gleichbleibt, sind deren Phasen synchron. Phasensynchronizität ist also ein Maßstab für Phasenkovarianz.

Partial directed coherence

Kohärenz und Phasensynchronizität machen keinerlei Aussage über die Richtung der Beeinflussung, also welches Signal Ursprung und welches kausale Folge ist.
Deswegen wird bei der partial directed coherence versucht, unter Einbeziehung der Granger-Kausalität ebendas zu ermöglichen. Granger-Kausalität ist ein Begriff aus der Ökonomie und begnügt sich nicht mit Korrelation, sondern möchte Aussagen über Kausalität treffen.
Im Granger-Kausalitäts-Test versucht man zu zeigen, dass eine Zeitfolge X Zeitfolge Y beeinflusst, normalerweile mit einer Serie an F-Tests mit zeitlich verzögerten Werten von X (und auch zeitlich verzögerten Y-Werten, die bekannt sind). Ist der Test positiv, liefern die X-Werte also statistisch signifikante Informationen über die zukünftigen Werte von Y.

In der Objekterkennung kann man dann z.B. nicht nur sehen, welche Hirnareale korrelierte Aktivität aufweisen, sondern auch welche Hirnregion welche beeinflusst.

Written by debbus

Januar 27, 2010 um 11:45 am

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